Startseite
Qigong-Allgemeines
Qigong-Ausbildung
Ausbildungsleitung
Qigong-Lektüre
Qigong-Links
Kontakt
und Information
|
Als
Yang Chengfu zu Lebzeiten seine Klassen im Taijiquan unterrichtete gab es
eine Bemerkung, die man tausendmal während des Unterrichts hörte:
"Locker! Seid locker! Ihr seid nicht locker! Ihr seid total angespannt!"
Oft, wenn er seine Schüler in den Partnerübungen Tui Shou und
San Shou unterwies, war eine seiner Lieblingsbemerkungen: "Bin ich
ein Fleischhaken, oder was? Du hängst Dich an meinen Arm als wäre
ich ein Fleischhaken! An solch einen Haken hängt man totes Fleisch,
ich aber bin ziemlich lebendig!" so berichtet Chen Manching aus eigener
Erfahrung von seinen Lehrlingsjahren unter Yang Chengfu.
Ich selbst habe ähnliche
Erfahrungen bei meinem Lehrmeister gemacht. Nicht ein oder zweimal, unzählige
Male hieß es: "Bu hao! Fangsong, fangsong!" was soviel
meint wie "Nicht so gut! Sei locker, locker, locker!"
Das Wort song ist
schwierig zu übersetzen, da es eine Haltung, ja selbst auch eine
Seinshaltung umschreibt, weshalb ich ihm denn einen Artikel widmen möchte.
Die Bewegung aus einer entspannten Haltung heraus ist eine Grundvoraussetzung
im Taijiquan und Qigong. Nur, wenn der ganze Körper entspannt ist
vermag das Qi in Fluß zu gelangen. Ist eine Partie verspannt, z.B.
Schulter oder Hüfte, stagniert der Fluß und von dort ab geht
nichts weiter. Ebenso vergleichbar ist song im Taiji mit den Gliedern
einer Kette: Nur wenn alle Glieder locker und geschmeidig sind läßt
sich mit dieser kette Kraft übertragen. Sind Glieder fest und starr,
wird diese Stelle zum Schwachpunkt und die Energie überträgt
sich nicht von einem Ende zum anderen, sondern die Kette reißt genau
an dieser Stelle.
Gibt es Übungen
um song zu lernen? Jain. Song ist die Übung selbst, bzw. jedes Üben
von Taijiquan, Bagua, Xingyi, jedes Qigong verbessert unser "song-werden".
Deshalb ist es im
Taiji wie im Qigong unabdingbar, locker und entspannt zu sein. Sung ist
aber mehr: Es kann ebenso eine Seinshaltung sein. Beliebte Ausdrücke
hierzulande sind bekanntlich: "Sei relaxt! Bleib cool, Mann/Frau!
Nimms locker!" Dahinter steht einerseits zumeist die Erfahrung, daß
solch eine Haltung gut tut, andererseits, daß man jemand als verspannt,
verbissen wahrnimmt.
Sicherlich ist hiermit
nicht eine verantwortungslose Gleichgültigkeit gemeint, welche sich
natürlich hinter gebräuchlichen Floskeln verbergen kann. Sie
meint eher die Erfahrung, die wir z.B. machen, wenn wir in einer Sommernacht
den Sternenhimmel betrachten und beim Anblick dessen viele Dinge, die
uns eben noch bedeutend und wichtig erschienen, nun kleiner und beiläufig
erscheinen. Sich nicht so wichtig zu nehmen, ist ein Aspekt dessen. Die
Extreme sind jeweils die ungesunden Aspekte: Sich unwichtig nehmen (yin)
oder sich sehr wichtig nehmen (yang).
Song aber liegt in
der Mitte, hält die Balance. So bedeutet song eben nicht, wie ein
Klacks Götterspeise im Raume zu wabern - ein Bild, welches ich von
manchen Taiji-Übenden hierzulande kenne.
Eines der schönsten
und treffendsten Bilder für song stammt ebenfalls aus China. Da fragt
der Schüler den Teemeister nach einer Definition des Wortes song.
Der Meister antwortet: "Ganz einfach. Lausche der alten Kiefer dort,
auf deren Ästen der Schnee lastet. Morgens, wenn die Sonne aufgeht
und der Schnee sachte herabrutscht, singen die Äste das Lied: sonnnnggggg.........!"
Text
und Copyright©2003: Paul Shoju Schwerdt
|
|